Viele Täter und Täterinnen rechtfertigen ihre sexuellen Übergriffe sich und anderen gegenüber mit Äußerungen wie, das Kind habe sie „verführt“, den Sex „initiiert“, „gewollt“ und auch „genossen“.
Es ist heute unumstritten, dass Kinder eine eigene Sexualität haben. Sie unterscheidet sich aber grundlegend von der der Erwachsenen. Kinder entdecken ihren Körper, ihre Gefühle bei seiner Berührung und experimentieren mit ihrer Sexualität. Sie sind neugierig auf die Körper Gleichaltriger (Doktorspiele). Sie fordern aber niemals zu sexuellen oder sexualisierten Kontakten mit Erwachsenen auf, wie Täterinnen und Täter oft glauben machen wollen.
Kinder können auf Grund ihrer körperlichen, emotionalen, kognitiven und sprachlichen Unterlegenheit sexuellen und sexualisierten Handlungen mit Erwachsenen nicht wissentlich zustimmen (vgl. Enders 2001). Sexuelle und sexualisierte Handlungen von Erwachsenen an Kindern werden daher immer gegen den Willen der Kinder ausgeführt.
Es sind immer die Erwachsenen, die die Grenzen erkennen und ziehen müssen, denn nur sie können abschätzen, was das Kind weder überblicken noch absehen kann. Kinder können sich (in der Regel) auch nicht der Überredung entziehen oder sich gegen Zwang, physische und psychische Gewalt wehren, die der Täter, die Täterin androhen oder anwenden, um unter Ausnutzung ihrer Macht- oder Authoritätsposition ihre eigenen sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen.
Die Verantwortung für sexuelle Übergriffe liegt demnach immer und ausschließlich beim Täter oder bei der Täterin.
Wie oben ausgeführt – und entgegen der landläufigen Meinung – erleiden Kinder seltener durch Fremde sexualisierte und sexuelle Gewalt als durch Menschen aus dem sozialen Umfeld (Familie, Freundeskreis und Institutionen). Es begehen also häufiger gerade die Personen solche Taten, denen die Kinder nahe stehen, denen sie vertrauen und denen sie überantwortet sind.
Täter und Täterinnen werden ihrer Verantwortung, die sie für die ihnen anvertrauten Kinder tragen, in zweifacher Hinsicht nicht gerecht: Sie verstoßen gegen das Wohl des Kindes, indem sie seine sexuelle und persönliche Integrität verletzen, für deren Wahrung sie verantwortlich sind und übertragen zudem meistens die Verantwortung für ihre sexuellen und sexualisierten Gewalttaten auf eben diese Kinder.
Durch die sexuelle Ausbeutung wird nicht nur das Vertrauen der Kinder zerstört, sondern meist auch ihre psychische, soziale und sexuelle Entwicklung nachhaltig beeinträchtigt.